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 Syltlauf 2004

Am Mittwoch, den 17. März erwachte der Frühling aus seinem Winterschlaf.
Herrlichstes Laufwetter bei 19° und strahlendem Sonnenschein – wie geschaffen, um die langen Tights in den Schrank zu verbannen und endlich wieder in kurz zu laufen. Aber ob das Wetter ausgerechnet so kurz vor dem Syltlauf halten sollte? Zuletzt hatte ich vor drei Jahren am Syltlauf teilgenommen, damals bei Windstärke
6 aus Ost und gemeinem Schneeregen – nie zuvor hatte ich so lange gebraucht,
um einigermaßen warm zu werden, und dass dummerweise ohne Handschuhe…
Die Vorhersagen für den Sonntag versprachen zwar ähnlich stürmisches Wetter, aber immerhin angenehmere Temperaturen als beim 2001er-Lauf.  Ein letzter kurzer Lauf am Samstag bei schon aufkommenden Winden gab mir zumindest die Sicherheit, dass das seit zwei Wochen etwas schmerzende Knie mit einer festen Bandage halten sollte.
Leider musste ich den Weg nach Westerland am Sonntag allein antreten, da der geplante Lauf mit Hendrik Schnoor aus Bamberg ausfallen musste, da er sich mal wieder an der Achillessehne verletzt hatte – für einen langen Lauf über 33,333km etwas hinderlich.

Pünktlich um 5:05 klingelte am Sonntag der Wecker, das nach einer Nacht, die unruhiger kaum hätte sein können. Der Sturm tobte draußen und rüttelte an unseren alten Fenstern, fegte kleine Müllkörbe durch die Straße und meldete sich somit pünktlich zum Syltlauf in alter Stärke zurück. Egal, trotzdem aufstehen, kleines Frühstück, Abschiedskuss für Frau und Hund (Sohnemann schlief natürlich weiter), ab auf die Autobahn. Von Niebüll aus weiter per Zug nach Westerland, im Zug lauter bekannte Gesichter vom LT Heide gesehen. In Westerland warteten schon die Shuttle-Busse für die ankommenden Läufer – alles perfekt organisiert (bis auf das Wetter!).  Auf dem Weg von Westerland nach Hörnum wurde im Bus gefachsimpelt, von wo der Wind denn jetzt kommen würde, Seitenwind oder doch ausschließlich Rückenwind?
Am Start klärte uns Franz Beilmann (Syltlauf-Organisator) auf, dass der Wind mit einer Stärke von 6 Bft. aus West / Süd-West kommen würde – am Nachmittag erst sollte er abnehmen.
Die Temperaturen betrugen ungefähr 6° - wesentlich angenehmer als noch vor drei Jahren.
Als um 10:00 Uhr der Startschuss ertönte, machten sich zig Läuferbeine auf den Weg über die Insel, nachdem Franz Beilmann vorher traditionell die Frage „Seid Ihr reif für die Insel?“ hat verlauten lassen.
Die ersten gut neun Kilometer nach Rantum ging es entlang der L24 und der imposanten Dünenlandschaft. Gaben diese den Blick frei auf die stürmische See, fegte sogleich der Westwind an den Startnummern und testete die Sicherheitsnadeln auf ihre Festigkeit – bzw. den jeweiligen Stoff des Laufshirts. Teilweise stemmten sich die Läufer hintereinander gereiht wie auf Kommando gegen den Wind, alle Oberkörper nach links gerichtet, um nicht aus der Bahn geworfen zu werden. 
In Rantum angekommen erreichten wir die erste Verpflegungsstelle, Elektroyte und Wasser wurden gereicht, meine Zeit war genau im Plan. Ich hatte mir eine Zeit von unter drei Stunden vorgenommen und wollte so lange wie nur möglich einen 5er-Schnitt halten. Die ersten zehn Kilometer lief ich in 50:11 Minuten – genau im Soll. Wie schon vor drei Jahren kam mir der erste Abschnitt bis nach Rantum am längsten vor, keine Abwechslung im Streckenverlauf, in der Landschaft und auf lange Zeit keine Häuser in Sicht. Erst nach Rantum wird die Strecke wesentlich abwechslungsreicher.
Vor allem in Westerland kommt Stimmung auf, wenn die Promenade direkt an der Küste erreicht wird. Doch kurz zuvor muss der Parkplatz vor dem Einbiegen in den Sanddistelweg überquert werden, frontal gegen den Wind. Zum Glück nur ca. 200 Meter – viel länger dürfte diese Passage nicht sein, zu kräftig blies einem der Wind entgegen.
Dann das Einbiegen auf die Promenade, es ist Flut und die Wellen toben im Meer – ein eindrucksvolles Bild. Die Stimmung bei den Zuschauern ist super, das Laufen fällt einem hier besonders leicht, gut 16km sind geschafft. Von hier ab laufe ich zusammen mit Silvia Burow aus Itzehoe, beide wollen die 3-h-Marke unterbieten und haben das gleiche Tempo.
Für sie ist es der erste Syltlauf am Stück, nachdem sie im vergangenen Jahr als Staffelläuferin erste Erfahrung auf der Insel gesammelt hatte.

Nach und nach holen wir einsam laufende Teilnehmer ein und halten den 5-Minuten-Schnitt auf den weiteren Kilometern durch Wenningstedt und in den Dünen vor List.
Bei der letzten Verpflegungsstelle bei Kilometer 28 meldet sich dann doch noch das bandagierte Knie. Wir machen eine Trinkpause, gehen ein Stückchen, Silvia verfällt wieder in ihren gewohnten Laufschritt, ich lasse es etwas langsamer angehen, da die Zeit immer noch im Soll ist.
Bis Kilometer 24 war Petrus sogar äußerst gnädig mit uns, Sonnenschein und kein Tropfen von oben. Das sollte sich in der Dünenlandschaft ändern, der Wind trieb den Regen von der See mitten in die Läuferschar.
Aber als echtes Nordlicht ist man dieses Wetter gewohnt und der Regen störte nicht weiter. Die letzten Kilometer bis zum Zielort nach List verlaufen zwar etwas hügeliger, aber Hendrik als echter Franke hätte darüber wohl nur lächeln können.
Wohl weniger dagegen über den Wind, der einem auf der nach Westen ausgerichteten Zielgerade entgegen blies, die letzten gut 400 Meter mussten noch einmal frontal gegen den Sturm gelaufen werden.
Trotzdem langte es zu einer Zeit von 2:50:31 Stunden – immerhin
20 Minuten schneller als noch vor drei Jahren, perfekt!
Silvia hatte mir auf den letzten fünf Kilometern tatsächlich noch zwei Minuten abgenommen – Glückwunsch dazu und Grüße nach Itzehoe!
Trotz der widrigen Wetterbedingungen war es wieder wundervoll, auf dieser traumhaft schönen Insel zu laufen, vorbei an den Reet gedeckten Friesenhäusern mit ihren Bauerngärten und Friesenwällen. Aber warum kann ich diesen Lauf nicht auch einmal bei schönem Wetter erleben?

Vielleicht im nächsten Jahr, wenn es wieder heißt: „Seid Ihr reif für die Insel?“

**Sämtliche Fotos von Jürgen Jung (Jee Jee) , Heide**  Besten Dank!!!